Sterne mit angehaltener chemischer Uhr
AIP / J. Fohlmeister
Die Geschichte der Milchstraße lässt sich anhand der Häufigkeiten verschiedener chemischer Elemente, die in den Spektren von Sternatmosphären sichtbar sind, und aus der Bewegung der Sterne ablesen. Beide Faktoren sind zentral für die „Galaktische Archäologie“, die die Entwicklung der Milchstraße zum Gegenstand hat. Stellare Häufigkeitsverhältnisse werden in der Galaktischen Archäologie zur indirekten Altersbestimmung von Sternen genutzt. Massereiche Sterne, die nach kurzer Lebenszeit als Supernovae explodieren, reichern das interstellare Medium mit Sauerstoff und anderen sogenannten Alpha-Elementen an. Masseärmere Sterne, die als Supernovae vom Typ Ia enden, leben länger und produzieren hingegen hauptsächlich Eisen. Die Zeitdifferenz zwischen der Anreicherung des interstellaren Mediums mit Alpha-Elementen und Eisen erlaubt Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Geburt eines Sterns – dies bezeichnen Astronomen als „Chemische Uhr“, die für viele Sterne funktioniert.
Die Autoren der jetzt veröffentlichten Studie zeigen hingegen, dass ein erhöhtes Alpha/Eisen Verhältnis nicht garantiert, dass ein Stern tatsächlich alt ist. Erst seit kurzem erlaubt die Asteroseismologie die präzise Altersbestimmung der Sterne. Die Methode basiert auf der Messung von Pulsationen und liefert so zusätzliche Informationen über das Alter eines Sterns. Die untersuchten Sterne erscheinen jung, obwohl sie im Vergleich zur Sonne mit Alpha-Elementen angereichert sind. Interessanterweise befinden sich die meisten dieser Sterne in den inneren Regionen der galaktischen Scheibe, wo das Zusammenspiel zwischen Balken und Spiralarmen eine komplexe chemische Entwicklung zur Folge hat.
„Obwohl bereits ähnliche Sterne in anderen Stichproben früherer Veröffentlichungen enthalten waren, handelte es sich dabei nur um einige wenige. Das könnte erklären, warum diesen Sternen bisher nur so wenig Aufmerksamkeit zuteil wurde“, erklärt Friedrich Anders, Ko-Autor der Studie.
„Wir rechnen mit weiteren Hinweisen zur Herkunft dieser Sterne und der komplexen chemischen Evolution der Milchstraße durch zukünftige Beobachtungen“, schließt Cristina Chiappini.
Die neuen CoRoT- und APOGEE-Daten sind das Ergebnis einer Kollaboration von APOGEE (einer hochauflösenden Infrarothimmelsdurchmusterung und Teil des Sloan Digital Sky Survey III) mit dem Rote-Riesen-Team des CoRoT-Satelliten. Diese Kollaboration erlaubt die spektroskopische Nachbeobachtung hunderter Roter Riesensterne mit seismischen Informationen. Nur mit CoRoGEE ist es möglich, die inneren Regionen der galaktischen Scheibe und das Alter der Feldsterne zu bestimmen.
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