Die inneren Qualitäten von Asphalt entschlüsselt

02.12.2015 - Österreich

Was hält Asphalt zusammen und macht unsere Straßen haltbar? Analysen an der TU Wien bringen neue Einblicke in die Chemie von Bitumen und sollen alten Asphalt wieder jung erscheinen lassen.

Copyright: TU Wien

Bernhard Hofko mit der Prüfmaschine, mit der die Verabeitbarkeit von Asphaltmsichgut bei der Produktion bestimmt wird.

Bitumen ist das klebrig-schwarze Bindemittel, das im Asphalt die Steine zusammenhält. Die Qualität dieses Erdölproduktes bestimmt die Eigenschaften und die Haltbarkeit des Asphalts, daher ist es wichtig, das Verhalten von Bitumen auf mikroskopischer Skala genau zu verstehen. An der TU Wien stieß man nun durch die Kombination unterschiedlicher Analysemethoden auf überraschende Ergebnisse: Die unterschiedlichen Bestandteile werden von einer Art molekularer Schutzhülle fixiert. Mit dieser Erkenntnis möchte man nun Asphalt haltbarer machen oder sogar alten Asphalt wieder verjüngen.

Rezept für gutes Bitumen: Asphaltene und Maltene

Bitumen ist keine homogene Substanz. Ähnlich wie Milch, bei der kleine Fetttröpfchen in einer wässrigen Umgebung verteilt sind , besteht Bitumen aus verschiedenen Komponenten. Wie gut sich die unterschiedlichen Bestandteile vermischen können, hängt zu einem großen Teil von ihrer Polarität ab. Bei stark polaren Molekülen ist die elektrische Ladung nicht gleich verteilt, sie haben ein positiv und eine negativ geladene Seite. „Die Asphaltene beinhalten die polarsten und größten Moleküle im Bitumen“, erklärt der Chemiker Florian Handle, der diese Zusammenhänge in seiner Dissertation genau untersucht hat. „Um sie herum findet man viele aromatische Moleküle, die weniger stark polar und meist etwas kleiner sind.“

Wie die einzelnen Komponenten im Bitumen verteilt sind, kann man mit unterschiedlichen Methoden untersuchen. An der TU Wien wurde das Bitumen mit Laserstrahlen beleuchtet, manche der Komponenten werden damit zum Fluoreszieren angeregt. „Mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie wird abgebildet, an welchen Orten sich fluoreszierende Moleküle aufhalten. Die Fluoreszenzeigenschaften von Stoffgruppen oder einzelnen Molekülen können mittels Fluoreszenzspektroskopie untersucht werden. Kombiniert man diese beiden Informationen so erhält man einen klaren Blick in die Chemie und Mikrostruktur des sehr komplizierten Materials Bitumen“, sagt Florian Handle.

Was leuchtet hier eigentlich?

„Bisher dachte man, für die Fluoreszenz seien die Asphaltene verantwortlich, oder vielleicht auch bestimmte Wachse“, sagt der Chemiker Prof. Hinrich Grothe vom Institut für Materialchemie der TU Wien. „Wir haben die Komponenten nun allerdings voneinander getrennt und erstaunlicherweise festgestellt, dass nicht die Asphaltene fluoreszieren.“ Wie sich herausstellt, werden die Asphaltene im Bitumen nämlich von einer Schicht aromatischer Verbindungen umgeben – und sie sind die Hauptursache für die Fluoreszenz.

Dass sich diese aromatischen Verbindungen wie eine Schale um die wenige Mikrometer kleinen Asphalten-Einschlüsse legen, spielt für die Eigenschaften des Bitumens eine wichtige Rolle. „Dieser Schutzmantel ist letztlich dafür verantwortlich, dass Bitumen und Asphalt rissfest, dehnbar und trotzdem relativ steif ist“, erklärt der Bauingenieur Bernhard Hofko vom Institut für Verkehrswissenschaften (TU Wien). Der aromatische Schutzmantel hat nämlich eine Polarität, der zwischen der Polarität der Asphaltene im Inneren und den anderen Bestandteilen des Bitumens liegt. Dadurch ergibt sich ein sanfterer Übergang, hochpolare und niedrigpolare Moleküle stoßen nicht direkt aneinander, und das hilft der Stabilität des Bitumens.

Verjüngungskur für die Straße?

Wenn der Asphalt altert, kann genau diese Schutzschicht beschädigt werden, etwa durch Oxidation. Der Asphalt verliert dann seine Flexibilität, er wird spröde und brüchig. „Es gibt Versuche, alten Asphalt durch Zugabe bestimmter Substanzen wieder zu verjüngen“, sagt Bernhard Hofko. „Das geschah bisher eher durch Versuch und Irrtum. Wenn wir nun allerdings die Ursachen für die Alterung auf molekularer Ebene kennen, dann können wir gezielt die fehlenden Bestandteile des gealterten Asphalts wieder herstellen.“

Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Materials and Structures“ publiziert und nun zu einem der zehn besten Publikationen des Jahres gewählt – ein deutliches Zeichen, dass die Forschungsarbeit der TU Wien an der Schnittstelle zwischen Bauingenieurwesen und Chemie auch international Aufmerksamkeit erregt.

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