Linde kappt Ziele für 2017

03.12.2015 - Deutschland

(dpa-AFX) Eine abkühlende Weltwirtschaft, anhaltend niedrige Ölpreise und Einsparungen im US-Gesundheitswesen: Angesichts dieser ganzen Reihe an Dämpfern hat der Industriegase-Spezialist Linde sein Gewinn-Ziel für 2017 gekappt. Das operative Konzernergebnis werde 2017 daher nur noch bei 4,2 bis 4,5 Milliarden Euro liegen, teilte der Konzern am Montagabend mit. Zuvor hatte Linde 4,5 bis 4,7 Milliarden Euro angepeilt. Am Aktienmarkt sorgte dies am Dienstag für ein Beben: Linde-Aktien brachen im Mittagshandel um mehr als 14 Prozent ein.

Die weltweite Industrieproduktion dürfte erst wieder nach 2017 auf den Wachstumspfad zurückkehren, sagte Linde-Chef Wolfgang Büchele während einer Telefonkonferenz mit Analysten. Damit hätten sich die Rahmenbedingungen im Vergleich zum Oktober 2014 deutlich verändert, als die Mittelfrist-Ziele definiert wurden. Zum anderen würden staatliche Preiskürzungen für Leistungen im US-Gesundheitswesen 2016 und 2017 voraussichtlich stärker als erwartet ausfallen.

Niedriger Ölpreis belastet Anlagenbau

Erst in der vergangenen Woche hatte Medicare, die öffentliche und bundesstaatliche US-Krankenversicherung für ältere und behinderte Menschen, beschlossen, weniger für medizinische Geräte zu erstatten. Die Bundesbehörde, die das Programm verwaltet und verhandelt, will die Zahlungen für die Sauerstoffversorgung von Patienten mit Atembeschwerden ab Januar um etwa ein Fünftel reduzieren. Linde ist seit der Übernahme von Lincare im Jahr 2012 der größte Anbieter von Medizingasen in Nordamerika.

Zudem rechnet Linde mit einem mittelfristig niedrigen Ölpreis. "Es gibt zwar keine Stornierungen, aber die Kunden scheuen sich, neue Aufträge zu unterschreiben", sagte Büchele. Die Auftragslage dürfte sich zwar Anfang 2016 verbessern, allerdings werde sie vorerst nicht auf das Niveau der Vergangenheit zurückkehren. Sollte sich aber die Lage im Anlagenbau nicht bis Mitte 2016 erholt haben, dann müsste man über einen Umbau der Sparte nachdenken.

Analysten enttäuscht von Zielsenkung

Langfristige Ziele seien in der Chemieindustrie in den letzten Jahren in Mode gewesen, schrieb Analyst Peter Spengler von der DZ Bank. Mit den meisten habe es aber nicht geklappt. Analyst Tim Jones von der Deutschen Bank bezeichnete die Zielsenkung für 2017 als Enttäuschung. Das Geschäftsmodell des Konzerns aber funktioniere. Die Gewinne im Jahr 2016 dürften weitgehend stabil bleiben. Es sei also kein komplettes Desaster, und 2017 werde es wohl eine normalere Wachstumsrate geben. Zudem werde das Unternehmen nun vermutlich mit Blick auf Kostensenkungen noch mehr tun.

Analyst Michael Schäfer von der Investmentbank Equinet sieht Linde gleich dreifach getroffen. Neben den stärker als erwarteten Preiskürzungen für Leistungen im US-Gesundheitswesen und einem wegen des geringen Öl- und Gaspreises schwachen Auftragseingangs dürfte Linde auch durch die jüngste Übernahme von Airgas durch den französischen Konkurrenten Air Liquide <PAI.PSE> <AIL.ETR> einen stärkeren Wettbewerbsdruck in den USA zu spüren bekommen.

Linde vorsichtig für 2015

Die Ziele für das Gesamtjahr 2015 bestätigte Linde zwar, erwartet aber aufgrund der abkühlenden Wirtschaft lediglich einen Gewinn am unteren Ende der ausgegeben Zielspanne. Das Wachstum im Unternehmen habe sich im vierten Quartal nicht beschleunigt, sagte Büchele. Der operative Gewinn (Ebitda) ohne Sondereffekte werde daher eher bei 4,1 Milliarden Euro liegen, anstatt bei 4,3 Milliarden.

Bereits im Sommer reduzierte Linde wegen eines schwächeren Geschäfts im Anlagenbau seine Erwartungen für den Umsatz und peilt zwischen 17,9 und 18,5 Milliarden Euro an. 2014 setzte Linde gut 17 Milliarden Euro um, das operative Ergebnis lag bei 3,9 Milliarden Euro.

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