Mit Zucker gegen Rost
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Auf 100 Milliarden Euro wird die jährliche Schadenshöhe durch Korrosion in Deutschland geschätzt; bis zu 30 Prozent davon wird von Mikroorganismen durch die sogenannte Biokorrosion verursacht. Bakterien, Algen und Pilze finden in den wässrigen Milieus von Wassertransportleitungen, Kühlkreisläufen oder industriellen Produktionsanlagen optimale Lebensbedingungen. Hier setzen sie sich an den metallhaltigen Werkstoffen fest, scheiden sogenannte extrazelluläre polymere Substanzen (EPS) aus und bilden schleimige Biofilme auf den Oberflächen. Diese Biofilme greifen die Werkstoffe an und führen zu einer langsamen Zersetzung der Metalle. Im schlimmsten Fall kommt es zum Bruch von Anlagenteilen und dadurch zum Ausfall ganzer Anlagen.
Im Rahmen verschiedener Forschungsvorhaben der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), haben Wissenschaftler des DECHEMA-Forschungsinstituts in Frankfurt a.M. und der Universität Duisburg-Essen herausgefunden, dass die Beschichtung der Oberflächen mit bestimmten Zuckermolekülen die Anheftung der Bakterien um bis zu 90 Prozent senkt. Gleichzeitig sinkt auch die Biokorrosion um bis zu 80 Prozent. Die vorwettbewerbliche IGF ermöglicht insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Zugang zu aktuellen Forschungsergebnissen. Sie wird zusammen mit 100 branchenorientierten Forschungsvereinigungen im Innovationsnetzwerk der AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen organisiert. Projekte der IGF werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) über dieses Netzwerk mit öffentlichen Mitteln gefördert.
Biofilme - Schutz und Übel zugleich
Je nach Art und Zusammensetzung der EPS können mikrobielle Biofilme die Korrosion von Metallen sowohl verstärken als auch unterdrücken. Einige der Bakterien in den Biofilmen scheiden Säuren aus, die die Oberflächen angreifen; andere beschleunigen chemische Reaktionen zwischen den Metalloberflächen und dem umgebenden Wasser und begünstigen so die Korrosion. Die korrosionshemmende Wirkung hingegen beruht darauf, dass manche EPS die Anheftung von Mikroorganismen an die Oberflächen der Werkstoffe verhindern, indem sie selbst diesen Platz einnehmen und damit die Bildung von Biofilmen unterbinden. Andere wiederum können den korrosiven Angriff von Chlorionen unterdrücken oder Eisenionen abfangen, die sonst Bakterien anziehen würden. Insbesondere Cyclodextrine, ringförmige Kohlenhydrate wie Dextrane oder Saccharide, die Bakterien beim Abbau von Mais- oder Kartoffelstärke bilden, sind in den Focus der Forschungen gerückt. Sie scheinen sich zum Korrosionsschutz besonders gut zu eignen, da sie sicher auf Werkstoffoberflächen haften, selbst nicht korrosiv wirken und nicht mikrobiell abbaubar sind.
Biogene Schutzschicht in der Praxis
In einem aktuellen IGF-Projekt, das von der AiF-Forschungsvereinigung DECHEMA koordiniert wird, entwickeln Forscher jetzt ein praktisches Anwendungsverfahren für die Cyclodextrin-Beschichtung. Am Ende soll ein einsatzfähiges Korrosionsschutzsystem auf Cyclodextrinbasis stehen. Gleichzeitig versuchen die Wissenschaftler die Langzeitstabilität der korrosionsverhindernden Wirkung der Cyclodextrine zu erhöhen.
Bislang werden metallhaltige Oberflächen in wässrigen Milieus entweder mit Schutzschichten überzogen oder mit Bioziden behandelt, was ökologisch nicht unbedenklich ist. Mit biogenen Schutzschichten hingegen könnten zukünftig große Mengen an Bioziden eingespart werden. Dies ist besonders interessant, da nach der EU-Biozidrichtlinie die Hürden für den Einsatz von Bioziden erheblich erhöht wurden.
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