Material mit vielversprechenden Eigenschaften

Synthese eines wichtigen ferromagnetischen Halbleiters gelungen

23.11.2017 - Deutschland

Im Sonderforschungsbereich 1214 an der Universität Konstanz wurde ein Verfahren zur Synthetisierung von Europium(II)-Oxid-Nanopartikeln entwickelt – einem für die Datenspeicherung und den Datentransport wichtigen ferromagnetischen Halbleiter.

Universität Konstanz

Aufnahme eines Hybrid Partikels angefertigt mit einem Transmissionselektronenmikroskop. Zu sehen sind die anorganischen (dunkel) und organischen (hell) Lamellen, aus denen der Partikel aufgebaut ist, ebenso wie der Hohlraum (kontrastarme Region in der Mitte). Durch Bedampfen mit Europium kann die hybride Vorstufe zu reinem EuO umgewandelt werden.

Ferromagnetische Halbleiter sind im letzten Jahrzehnt in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Sie gehören zu den vielversprechenden funktionalen Materialien, die aufgrund ihrer Eigenschaften auf dem Gebiet der Spin-basierten Elektronik einsetzbar sind. Spintronik, so die Kurzbezeichnung, ist für die Informationsspeicherung und den Informationstransport von entscheidender Bedeutung. In einer interdisziplinären Zusammenarbeit ist es an der Universität Konstanz gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem Nanopartikel von Europium(II)-Oxid (EuO) hergestellt werden können, einem ferromagnetischen Halbleiter mit solch vielversprechenden Eigenschaften. In einem weiteren Schritt konnte gezeigt werden, dass die magnetischen Eigenschaften der Nanopartikel mit ihrer Strukturierung zusammenhängen.

Die Kollaboration der Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Sebastian Polarz (Anorganische Chemie), Prof. Dr. Mikhail Fonin (Experimentelle Physik) und Prof. Dr. Ulrich Nowak (Theoretische Physik) an der Universität Konstanz sowie der Arbeitsgruppe für Elektronenmikroskopie des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW Dresden) von Dr. Axel Lubk erfolgte im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB) „Anisotropic Particles as Building Blocks: Tailoring Shape, Interactions and Structures“ an der Universität Konstanz. „Letztlich war es nur durch das Zusammenspiel der Arbeitsgruppen möglich, diese Ergebnisse zu erhalten“, sagt Bastian Trepka, der Erstautor der Studie und Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Anorganische Funktionsmaterialien von Sebastian Polarz, in der die Nanopartikel synthetisiert wurden.

Das Forschungsprojekt A5 des Konstanzer SFB beschäftigt sich mit den Eigenschaften anisotroper und magnetischer Nanopartikel, wobei anisotrop bedeutet, dass die Form sowie die magnetischen, optischen oder elektronischen Eigenschaften nicht in alle Raumrichtungen des Partikels gleich sind. Das bedeutet wiederum, dass nicht nur die neuen und oftmals verbesserten Eigenschaften nanostrukturierter Materialien, sondern darüber hinaus auch die durch Anisotropie zusätzlichen Eigenschaften erforscht werden können.

Die Herstellung von Nanopartikeln aus ferromagnetischen Halbleitern wie Europium(II)-Oxid stellt eine Herausforderung dar, zumal in der anisotropen Geometrie. Schließlich sollen auch die Partikel anisotrop sein, von denen man sich neue interessante Eigenschaften erhofft. „Ziel ist, das Verständnis so weit zu entwickeln, dass die Eigenschaften der Nanosysteme gezielt moduliert und abgerufen werden können“, so der Erstautor Trepka. Mit ihrer speziellen Methode ist es den Wissenschaftlern gelungen, qualitativ hochwertige und anisotrope EuO-Nanopartikel herzustellen, anhand derer Struktur-Eigenschafts-Effekte beobachtet werden können.

Die Methode umfasst einen zweistufigen Prozess. Im ersten Schritt wird ein Hybridmaterial aus organischen und anorganischen Komponenten hergestellt, das bereits die gewünschte anisotrope Form besitzt. Im nächsten Schritt wird das Hybridmaterial mit Europium-Dampf behandelt, wobei es sich chemisch in EuO umwandelt. In diesem Fall besteht die anisotrope Form der Nanopartikel in Hohlröhren. „Die Methode ist interessant, weil man mit ihr nicht auf Hohlröhren beschränkt ist. Es sind auch zum Beispiel Stäbchen machbar“, erläutert Bastian Trepka.

Darüber hinaus konnte in einem weiteren Schritt gezeigt werden, dass die magnetischen Eigenschaften des Halbleiters Europium(II)-Oxid tatsächlich mit der Form seiner Nanostrukturierung zusammenhängen beziehungsweise mit der Anisotropie. Im Gegenbeweis ergaben sich nach einer weiteren Behandlung, aufgrund derer die Hohlräume verschwanden, entsprechend andere Eigenschaften. „Die Experimentalphysiker haben dazu Messungen durchgeführt, die die von den theoretischen Physikern simulierten Ergebnisse bestätigt haben. Daraus wurden Vorstellungen entwickelt, wie es aufgrund der Strukturierung zu diesem magnetischen Verhalten kommt“, beschreibt Bastian Trepka das Verfahren.

„Das Besondere an diesem Prozess ist die Trennung von Strukturkontrolle und chemischer Umwandlung. Wir können aus demselben Material verschiedene Formen gewinnen, indem wir über die Prozessführung die Form beeinflussen, und bekommen immer das Material in der Form heraus, wie wir es brauchen“, so Trepka. Wobei es sich im Fall des Europium(II)-Oxids um eine topotaktische Nanotransformation handelt, bei der die Kristallrichtung gleichbleibt: Vor und nach der Behandlung sind es Hohlröhren.

„Ein intelligentes Material mit sehr vielen Eigenschaften“, charakterisiert Bastian Trepka begeistert Europium(II)-Oxid. Besonders aber hat es eine einfache Kristallstruktur. „Wenn sich eine Änderung von Eigenschaften ergibt, lässt sich das sehr leicht erklären, weil die Kristallstrukturen vorgegeben sind.“ Ideal für Grundlagenforschung.

Originalveröffentlichung

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