Diesel-Partikelfilter: Zukunftsmarkt für Chemie- und Werkstoffindustrie?

Ein Kommentar von Dr. Brian Balmer, Branchenanalyst bei Frost & Sullivan

07.03.2003

In Westeuropa werden benzinbetriebene Fahrzeuge schon seit geraumer Zeit standardmäßig mit Dreiweg-Katalysatoren ausgestattet. Im Vergleich dazu hat sich die Emissionskontrolle bei Dieselmotoren als schwierig erwiesen. Die derzeit eingesetzten Oxidationskatalysatoren filtern bei weitem nicht alle schädlichen Inhaltsstoffe aus den Dieselabgasen heraus. Besonders Stickoxide und Ruß sind nach wie vor problematisch. Hier soll eine Neuentwicklung Abhilfe schaffen: der Diesel-Partikelfilter. Dr. Brian Balmer, Industry Analyst bei Frost & Sullivan (http://chemicals.frost.com) zeigt die Potenziale auf, die sich daraus für die chemische Industrie ergeben.

Für die Entwicklung des Diesel-Partikelfilters stehen derzeit mehrere leicht unterschiedliche Technologien zur Verfügung. Jede Prognose zur Frage, welche von ihnen letztendlich den Markt dominieren wird beziehungsweise ob der Markt überhaupt Raum für mehrere Alternativen bietet, wäre zu diesem Zeitpunkt reichlich verfrüht. Hier wird die EU-Gesetzgebung eine ebenso große Rolle spielen wie die Marktdynamik. Momentan liegt der EU-Grenzwert für Partikelemissionen bei Pkw-Dieselmotoren noch bei 0,5 g pro gefahrenem Kilometer, bis 2005/2006 ist jedoch eine Absenkung auf 0,25 g/km geplant. Für Hochleistungs-Dieselmotoren (Lkw) gestaltet sich die Regelung schwieriger, doch wird es ab 2005 auch hier strengere Vorschriften geben. Vorgesehen ist eine Reduzierung des zugelassenen Wertes um den Faktor 5.

Was den zur Filterproduktion verwendeten Werkstoff betrifft, setzen die meisten Anbieter derzeit auf Keramik, das bei hoher Porosität gute Filtereigenschaften aufweist. Gleichzeitig hält Keramik den hohen Temperaturen stand, die in Fahrzeugauspuffanlagen entstehen. Gängige Materialien sind hier SiC und CeO2 / ZrO2.

Zahl der Diesel-Pkw gestiegen

Zur Zeit gliedert sich der Markt in zwei Sektoren: Filter für Neufahrzeuge und Filter zur Nachrüstung. Nun wird in absehbarer Zeit - abgesehen vom Ersatz kaputter Einheiten - keine Nachrüstung mehr erforderlich sein. Bis dahin jedoch lässt sich das Marktpotenzial am ehesten an der Anzahl der heute bereits verkauften Dieselfahrzeuge ablesen. Im Jahr 2001 wurden europaweit 5,3 Millionen diesel- und 9,5 Millionen benzinbetriebene Autos neu registriert. Damit ist die Zahl der Diesel-Pkw seit 1997 durchschnittlich um 16 Prozent pro Jahr angestiegen. In Frankreich beispielsweise wird mit Diesel 59 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet und damit mehr als in jedem anderen westeuropäischen Land. Am niedrigsten ist der Anteil in Großbritannien; hier steht Diesel nur für 37 Prozent aller Kraftstoff-Erlöse. Der europäische Durchschnitt liegt bei 44 Prozent.

23 Millionen Nutzfahrzeuge in Westeuropa

Die Anzahl der Nutzfahrzeuge auf den Straßen Westeuropas liegt momentan bei über 23 Millionen, und die Nachrüstung in diesem Bereich ist noch lange nicht abgeschlossen. Das Chemieunternehmen Johnson Matthey schätzt die Anzahl der zukünftig benötigten Katalysatoren für die Emissionskontrolle bei Hochleistungs-Dieselmotoren auf 600.000 pro Jahr.

Lukrativer Markt für Chemie- und Werkstoffanbieter

Der verstärkte Einsatz von Partikelfiltern bietet engagierten Akteuren aus Chemie- und Werkstoffindustrie erhebliche Chancen. Zum einen wächst der Bedarf an Know-how im Bereich mikroporöse Keramik, zum anderen erhöht sich die Nachfrage nach Oxidationskatalysatoren, die die saubere Verbrennung von Dieselpartikeln gewährleisten und dadurch eine optimale Motor- und Filterleistung garantieren.

Als übergeordnetes Diskussionsforum zwischen Herstellern, Vertreibern und Umweltschutzbeauftragten wurde 1998 die Branchenorganisation AKPF (Arbeitskreis Partikelfilter-Systemhersteller) gegründet, zu deren Mitgliedern auch die Chemieunternehmen 3M, Corning, Engelhard, Johnson Matthey, Lubrizol, Octel und Rhodia zählen. Das Engagement der drei letzteren Firmen gründet dabei zunächst auf ihrer Präsenz im Markt für Dieselkraftstoff-Additive. Lubrizol produziert darüber hinaus in seinem Geschäftsbereich ECS (Engine Control Systems) auch selbst Filter.

Bei Rhodia spielt die Entwicklung von Eolys eine entscheidende Rolle. Bei Eolys handelt es sich um ein Additiv zur Leistungssteigerung von Partikelfiltern, das die Spontanverbrennungstemperatur der Partikel senkt und so eine Verstopfung des Filters verhindert. In der Handhabung als ähnlich wie Schmieröl beschrieben, wird Eolys auch in Flaschen handelsüblicher Größe verkauft. Sowohl bei PSA Peugeot Citroën als auch bei Ford fiel im letzten Jahr die Entscheidung für die Zulassung von Eolys für deren Fahrzeuge. Angesichts der hohen Diesel-Penetration in Frankreich birgt gerade der Vertrag mit Peugeot einen enormen Wert.

Johnson Matthey und Engelhard wiederum sind die weltgrößten Anbieter von Auto-Katalysatoren und daher stark an einem Äquivalent für Diesel interessiert. Engelhard brachte seinen ersten Dieselfilter im Jahr 2001 auf den Markt. Weiteres Interesse dürfte die Saint-Gobain-Gruppe anmelden, die derzeit ihre Tochtergesellschaft Ibiden Co. mit den Rohmaterialien für die Produktion von SiC-Filtern für Toyota beliefert.

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