Düsseldorfer Forschern gelang die Abbildung von Suchtdruck im Gehirn
Macht ein alkoholkranker Patient eine Therapie, so beinhaltet dies üblicherweise die folgenden Schritte: nach dem etwa eine Woche dauernden körperlichen Entzug folgt meist eine mehrwöchige Entwöhnungsbehandlung in einer Klinik, danach eine ambulante Langzeitbehandlung. Dabei lernen die Patienten, ihr Leben ohne Alkohol zu führen. Das Problem in der Therapie ist oft, dass die Patienten auch langfristig unter einem hohen Alkoholverlangen leiden, dem Suchtdruck. Das bedeutet, daß die Patienten neben dem psychologischen Verlangen bereits bei der Erinnerung oder Vorstellung von Alkohol oder dem Konsum alkoholtypische körperliche Reaktionen zeigen, wie beispielsweise eine Erhöhung der Herzfrequenz, des Blutdrucks oder vermehrtes Schwitzen. Dieses Verlangen nach Alkohol kann sich in physischen und psychischen Reaktionen äußern und führt oft zu Rückfällen in die Krankheit. Mit Hilfe von Verhaltenstherapie und Medikamenten versuchen die Mediziner, daß Suchtverlangen zu reduzieren und zu kontrollieren. Prof. Dr. Dr. Frank Schneider und Dr. Ute Habel von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychiatrie der Düsseldorfer Universität und ihren Kollegen ist es nun erstmals gelungen, die regionalen Hirnaktivitäten bei Alkoholkranken während des Suchtdrucks sichtbar zu machen. Bei Untersuchungen in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Instituts für Medizin des Forschungszentrums Jülich und der Bonner Psychiatrischen Universitätsklinik konnten sie in einer gerade in den U.S.A. veröffentlichten Arbeit nachweisen, welche Hirnregionen bei dem durch alkoholische Duftreize ausgelösten Suchtverlangen bei Patienten aktiviert und damit beteiligt sind. Dazu wurden zehn alkoholkranke Patienten einer Untersuchung mit der funktionellen Kernspintomographie unterzogen, während der wiederholt alkoholische und neutrale Geruchsreize an die Nase geleitet wurden. Bei der ersten Untersuchung fanden sich während der Stimulation mit Alkoholdüften spezifische Aktivierung in den Hirnregionen, die für die Emotionen wesentlich sind, in den sogenannten Mandelkernen. Diese Auffälligkeiten waren nach einer dreiwöchigen Therapie bei einer erneuten Untersuchung nicht mehr nachweisbar. Gleichzeitig berichteten die Patienten, die nach jeder Stimulation zusätzlich befragt wurden, anfangs auch von mehr Suchtverlangen, welches nach der Therapie abgenommen hatte. Somit läßt sich vermuten, daß sich emotionale Aspekte des Suchtverlangens in Aktivierungen der Mandelkerne widerspiegeln.
Mit diesem Nachweis ist es dem Düsseldorfer Forscherteam um Prof. Dr. Schneider gelungen, den Therapieverlauf abzubilden, zugleich können aus dieser Studie neue Ansätze für die Therapieforschung hervorgehen. Denn nach den Experimenten ist nun überprüfbar, welche spezifische Therapie bei alkoholkranken Patienten am besten auf das Suchtverlangen wirkt. Zugleich haben die Wissenschaftler einen weiteren Nachweis dafür erbracht, daß das Suchtverlangen alkoholkranker Patienten auch biologische Grundlagen hat.
Quelle: American Journal of Psychiatry (2001, Bd. 158, S. 1075-1083)