Neue biochemische Reaktion im anaeroben Abbau von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen

04.01.2006

Zu den häufigsten Verunreinigungen des Grundwassers zählen Mineralöle, die zum Beispiel infolge von undichten Tanks auslaufen und in die tieferen Erdschichten einsickern. Insbesondere die darin enthaltenen aromatischen Kohlenwasserstoffe können nicht nur toxisch, sondern auch krebserregend wirken und gefährden somit die Trinkwasserqualität.

Wissenschaftler am Institut für Grundwasserökologie der GSF sind der Frage nachgegangen, wie sich solche Ölrückstände in sauerstoffarmer Umgebung von Mikroben abbauen lassen. Dabei wiesen sie eine neue biochemische Abbaureaktion nach, die über die Methylierung von nicht-substituierten Kohlenwasserstoffen verläuft. Das Wissen um diesen Abbauprozess lässt sich nicht nur für die Verbesserung des Trinkwassers, sondern auch für die Exploration von Ölfeldern nutzen.

Kohlenwasserstoffe sind generell hervorragende Kohlenstoffquellen für Mikroorganismen. Sofern genügend Sauerstoff vorhanden ist, werden sie relativ schnell abgebaut. Da sich Sauerstoff aber nur in geringen Mengen im Wasser löst (ca. 8 Milligramm pro Liter), wird er beim Abbau von Verunreinigungen schnell durch aerobe Atmung verbraucht. Damit fehlt Sauerstoff für die Aktivierung der aromatischen Substanzen durch Mono- oder Di-Oxygenasen, die beim aeroben Abbau eine wichtige Rolle spielen. Anaerobe Mikroorganismen müssen deshalb völlig andere biochemische Reaktionen in Gang setzen, um solche Substanzen angreifen zu können.

Bislang gibt es nur wenige Untersuchungen darüber, wie aromatische Kohlenwasserstoffe in Abwesenheit von Sauerstoff abgebaut werden. Der erste Schritt beim anaeroben Abbau von Toluol erfolgt zum Beispiel über die Addition von Fumarat an die Methylseitenkette. Diesen Reaktionstyp findet man auch bei weiteren methylierten Aromaten.

Über den anaeroben Abbau von nicht-substituierten Aromaten ist nur sehr wenig bekannt, was zum Teil daran liegt, dass die dafür notwendigen Mikroorganismen nur sehr schwer zu kultivieren sind. GSF-Wissenschaftlern um Rainer Meckenstock gelang es, einen Mikroorganismus zu isolieren, der sowohl mit Naphthalin als auch mit Methylnaphthalin als Kohlenstoffquelle wachsen kann. Ein Vergleich der bei diesem Vorgang auf beiden Substraten ablaufenden Reaktionen gab bereits Hinweise darauf, dass die Aktivierung des an sich sehr reaktionsträgen Naphthalin über die Methylierung des aromatischen Systems zu 2-Methylnaphthalin erfolgt.

Insbesondere folgendes Experiment aber bewies die Gültigkeit dieser Hypothese: Wenn man die Organismen auf mit Deuterium markiertem Naphthalin wachsen ließ, fand sich in der Kultur ein Metabolit, den man auch vom Abbau von Methylnaphthalin kennt. Da dieser ebenfalls mit Deuterium markiert war, musste er aus der Methylierung und anschließender Fumarataddition des markierten Naphthalin stammen. Die Wissenschaftler vermuten, dass es sich dabei um eine generelle anaerobe Aktivierungsreaktion für nichtsubstituierte aromatische Kohlenwasserstoffe handelt. Mittlerweile liegen Hinweise vor, dass sich auch der Abbau von Benzol mit Mikroorganismen über eine Methylierung vollzieht.

Diese Entdeckung hat unter anderem wirtschaftliche Bedeutung für die Exploration von Öllagerstätten. Denn der Nachweis des oben erwähnten Metaboliten ist ein Indiz dafür, dass anaerobe Abbauprozesse stattfinden, und gibt damit Auskunft über das Alter des Öls.

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