Gefährliche Gase sichtbar machen : Neues Fernerkundungssystem an der Technische Universität Hamburg-Harburg entwickelt

13.04.2006

Ein an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) entwickeltes Fernerkundungssystem macht gefährliche Gase sichtbar.Erstmalig ist damit die Abbildung einer Gefahrstoffwolke aus größeren Entfernungen von bis zu fünf Kilometern möglich.Zugleich identifiziert das System "SIGIS" - "Scanning Infrared Gas Imaging System" - in Sekundenschnelle Gefahrstoffe in der Luft.Ohne Zeitverzögerung kann damit ein großes Gebiet überwacht werden.

Dabei wird mit einem Scanner-Spiegel die Umgebung "abgetastet". Das von Prof. Dr.-Ing.Roland Harig und seinem Team entwickelte System analysiert Punkt für Punkt die ankommende Infrarotstrahlung. Die im Infrarotspektrum erfassten Schadstoffe werden identifiziert und in ein Videobild eingespielt. So wird den Einsatzkräften innerhalb weniger Sekunden ein Bild geliefert, das die Schadstoffwolke und deren Ausbreitung zeigt.

Obwohl die sicherheitstechnischen Vorkehrungen in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verbessert wurden, werden bei Unfällen während der Produktion, der Verarbeitung sowie dem Transport von Chemikalien immer wieder Gefahrstoffe freigesetzt. Außerdem ist es in der Vergangenheit zur Freisetzung von gefährlichen Stoffen im Rahmen oder als Folge von Kriegshandlungen oder terroristischen Anschlägen gekommen. Zur Einschätzung der Gefahrenlage durch die zuständigen Einsatzkräfte vor Ort sind schnellstmöglich Informationen über die freigesetzten Stoffe sowie die betroffenen Gebiete erforderlich.

Gegenwärtig werden verschiedene Methoden zur schnellen Analyse freigesetzter Stoffe vor Ort von den Feuerwehren beziehungsweise den zuständigen Einsatzkräften genutzt. Diese erfordern jedoch vor Ort eine Probennahme, die mit großen Gefahren für die Einsatzkräfte verbunden sein kann.

"Um Gefahrstoffe zu identifizieren, wurde ein neuer Algorithmus entwickelt, der im Gegensatz zu Verfahren, die in Laboratorien eingesetzt werden, keine Messung reiner Luft vor der eigentlichen Gefahrenstoff-Messung benötigt", sagt Prof. Dr.-Ing. Roland Harig. Das System kann deshalb auch eingesetzt werden, wenn bereits zu Beginn der Messung eine Giftstoffwolke vorhanden ist. Im Algorithmus werden die Einflüsse der in der Atmosphäre vorhandenen Spurengase berücksichtigt. Eine Stoffidentifikation ist auch bei einer Überlagerung der Signaturen des Zielstoffs mit denen der Gase möglich.

SIGIS ist das erste Fernerkundungssystem, das die guten Eigenschaften eines passiven Spektrometers zur Fernerkundung von Gaswolken mit den Eigenschaften abbildender Systeme, besondere der einfachen Interpretation des Messergebnisses, kombiniert. Die Abtastung des gesamten Beobachtungsfelds maximiert die Wahrscheinlichkeit, eine gefährliche Wolke zu finden und zu identifizieren. Die Überlagerung der Aufnahme einer Videokamera mit der Giftstoffwolke erlaubt deren schnelle Ortung. Darüber hinaus kann mit dieser Darstellung in vielen Fällen die Quelle einer Gaswolke gefunden werden. Somit kann SIGIS zur schnellen Einschätzung der aktuellen Lage zum Beispiel bei einem Chemieunfall beitragen.

Die vom Spektrometer gemessene Strahlung enthält die spektralen Signaturen des Hintergrunds sowie die Signaturen der Moleküle der Wolke und der Atmosphäre zwischen dem Hintergrund und dem Spektrometer. Als Hintergrund wird der Teil des Bereichs, aus dem Strahlung detektiert wird, der sich jenseits der Wolke befindet, bezeichnet. Sowohl topografische Ziele, wie Hauswände oder Vegetation, als auch der Himmel können den Hintergrund einer Messung bilden. Qualitativ lassen sich die beobachteten Spektren wie folgt beschreiben: Ist die Temperatur der Wolke niedriger als die so genannte Strahlungstemperatur des Hintergrunds, die bei topografischen Zielen in vielen Fällen in guter Näherung gleich der Temperatur der Hintergrundoberfläche ist, wird ein Absorptionsspektrum beobachtet. Dies bedeutet, dass die vom Hintergrund einfallende Strahlung durch die Wolke geschwächt wird. Ist die Strahlungstemperatur des Hintergrunds niedriger, liegt ein Emissionsspektrum vor. In diesem Fall erhöht sich die Strahlungsintensität durch die Wolke.

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