Oszillierende Muster bei der Kristallisation und Selbstorganisation von Nanopartikeln
Oszillierende chemische Reaktionen, bei denen sich die Reaktionsprodukte periodisch und wiederkehrend ändern, sind von besonderem Interesse für die Wissenschaft. Ihr Verhalten ist unter anderem für die Chaosforschung von Bedeutung, denn solche Reaktionssysteme sind immer komplex und weit entfernt vom thermodynamischen Gleichgewicht. Ein besonders bekanntes Beispiel ist die so genannte Belousov-Zhabotinsky-Reaktion. Hierbei werden die Reaktionsprodukte einer gekoppelten Redoxreaktion über den Farbumschlag eines Indikators sichtbar gemacht - in einer Petrischale lassen sich typische Muster sich ausbreitender konzentrischer Kreise beobachten.
Räumlich oszillierende Reaktionen lassen sich mathematisch gut als so genannte Reaktions-Diffusions-Systeme beschreiben. Dies bedeutet, dass nicht nur die chemischen Reaktionen die Stoffmengen an einem bestimmten Punkt des Raumes beeinflussen, sondern auch die Diffusion, also der Stoffaustausch mit dem Nachbarraum. Damit erhält man in Simulationsrechnungen die typischen konzentrischen Kreismuster einer Belousov-Zhabotinsky-Reaktion.
Mit einem neu hergestellten Polymer erzeugten die Potsdamer Forscher die typischen konzentrischen Kreismuster durch gesteuerte Kristallisation von Bariumkarbonat. Diese Muster stimmen sehr gut mit den durchgeführten Simulationsrechnungen überein. Des Weiteren gelang den Forschern ein komplexes gekoppeltes Reaktionssystem aus Kristallisations-, Komplexierungs- und Fällungsreaktionen aufzustellen und die autokatalytische Komplexbildung zwischen Barium und dem Polymer zu identifizieren.
Bemerkenswert ist, dass die länglichen kristallinen Strukturen, aus denen sich die Kreismuster aufbauen, selbst wieder aus Überstrukturen von Nanopartikeln bestehen, die durch Selbstorganisation entstanden sind. Damit ist den Max-Planck-Forschern erstmals der Nachweis gelungen, dass die Belousov-Zhabotinsky-Reaktion nicht nur in Lösung abläuft, sondern auch in Mehrphasensystemen sowie bei der Selbstorganisation von Nanopartikeln. Diese Entdeckung ist nicht nur für die Erforschung von Reaktionen fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht von Bedeutung, sondern kann auch helfen, biologische Musterbildung zu erklären. Ein Beispiel für biologische Selbstorganisation sind die Muster auf Muschelschalen, die wie im Modellsystem der Potsdamer Forscher über kontrollierte Kristallisation entstehen. Interessanterweise lassen sich auch diese Muster über Reaktions-Diffusions-Systeme mathematisch exakt nachbilden.
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