Hinweise auf tumorauslösende Wirkung von Styrol beim Menschen
Ergebnisse der experimentellen Forschung im BfR für die Neubewertung des Altstoffes von Bedeutung
Styrol gehört zu den so genannten Altstoffen: Es war bereits vor dem Inkrafttreten des Chemikaliengesetzes auf dem Markt und hat daher nicht das heute erforderliche Anmeldeverfahren einschließlich der vorzulegenden toxikologischen Prüfungen durchlaufen. Auf europäischer Ebene werden Altstoffe und damit auch Styrol deshalb gerade überprüft. Ob von einer Substanz ein gesundheitliches Risiko ausgeht oder nicht, hängt neben der Gefährlichkeit eines Stoffes vom Ausmaß des Kontaktes mit dieser Substanz ab. Dabei muss es nicht zwingend die Chemikalie selbst sein, die "giftig" ist. Auch ihre Metaboliten, Stoffe, die bei der Umwandlung der Chemikalie im Körper entstehen, können toxische Effekte auslösen. Im Körper werden Chemikalien mit Hilfe spezieller Enzyme abgebaut. Sie bestimmen auch die Art der Abbauprodukte. Eine Schlüsselrolle spielen in diesem Prozess die Enzyme der Cytochrom-P450 (CYP)-Familie, deren Vorkommen und Aktivität sowohl zwischen Versuchstier und Mensch als auch zwischen einzelnen Menschen erheblich variieren.
Ein entscheidender Schritt für die tumorauslösende Wirkung von Styrol bei Mäusen ist die Umwandlung von Styrol in das toxikologisch aktive Abbauprodukt Styroloxid in der Lunge. Sie erfolgt mit Hilfe zweier Enzyme der CYP-"Familie". Untersuchungen der Styrol herstellenden Industrie hatten darauf hingedeutet, dass diese Enzyme in der menschlichen Lunge nicht vorhanden sind. Ergebnisse eines Forschungsprojektes, welches das BfR gemeinsam mit dem Klinikum Emil von Behring in Heckeshorn an einer großen Anzahl menschlicher Lungenproben durchgeführt hat, deuten nun aber auf das Gegenteil hin: Beide Enzyme sind auch in der menschlichen Lunge nachweisbar.
Diese Forschungsergebnisse sind ein wichtiger Baustein für die aktuelle Risikobewertung von Styrol. Das Vorkommen der beiden für die Umwandlung von Styrol zu Styroloxid verantwortlichen CYP-Enzyme in der menschlichen Lunge deutet darauf hin, dass auch beim Menschen eine tumorauslösende Wirkung möglich ist. Die Frage, ob die Enzyme in einer für die Tumorbildung relevanten Menge vorkommen, kann anhand der Daten noch nicht abschließend beantwortet werden. Von Bedeutung könnten die neuen Erkenntnisse vor allem für Menschen sein, die in Herstellungsprozesse eingebunden sind, in denen Styrol als Grundchemikalie eingesetzt wird.
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