Mobile Metallatome
Neue Klasse Lithium-reicher Festkörper mit ungewöhnlich hoher Lithium-Beweglichkeit
In Ionenleitern wird Ladung nicht in Form von Elektronen, wie z.B. in Metallen, sondern in Form geladener Atome oder Moleküle transportiert - typischerweise Lithium-Ionen. Dazu werden Materialien benötigt, in denen sich die Lithium-Teilchen möglichst frei bewegen können. Das Team der Uni Siegen, das mit Wissenschaftlern der Universität Münster kooperiert, griff als Ausgangspunkt auf ein altbekanntes Mineral zurück: Argyrodit, ein 1885 bei Freiberg entdecktes Silber-Germanium-Schwefel-Mineral, in dem die Silberionen recht beweglich sind.
Die einzelnen Bestandteile lassen sich durch eine Reihe anderer Atome ersetzen, unter Beibehalt der typischen Struktur des Minerals. So wurde der Begriff Argyrodit zum Namensgeber für eine ganze Verbindungsklasse, deren Atomanordnung diesem Strukturtyp gehorcht. Das Team um Deiseroth stellte nun eine Variante her, in der Silber durch Lithium, Germanium durch Phosphor und ein Teil der Schwefelatome durch Halogenide (Chlor, Brom, Iod) ersetzt wurden. So entstehen Argyrodit-artige Strukturen der Zusammensetzung Li6PS5X (X: Cl, Br oder I).
Im Kristall ordnen sich die Phosphor-, Schwefel- und Halogenatome zu einer Art dichten Tetraederpackung an, deren Lücken mehr oder weniger regelmäßig mit Lithium-Ionen bestückt sind. Die Lithium-Ionen können von Lücke zu Lücke "springen". Freie Beweglichkeit von Ionen bedeutet, dass der Feststoff eine hohe Ionenleitfähigkeit hat. Die bromhaltige Struktur zeigt dabei eine der höchsten bisher bei Festkörpern bekannten Ionenleitfähigkeiten für Lithium.
Die Wissenschaftler haben die Lithiumargyrodite eingehend mit Einkristall-Röntgenstudien und einer speziellen Kernspin-Technik (MAS-NMR) untersucht. Auf diese Weise konnten sie deren Kristallstruktur genau charakterisieren und spannende Einblicke in die Dynamik der beweglichen Lithium-Ionen gewinnen.
Originalveröffentlichung: Hans-Jörg Deiseroth et al.; "Li6PS5X: A Class of Crystalline Li-Rich Solids With an Unusually High Li+ Mobility"; Angewandte Chemie 2008, 120, No. 4, 767-770,.
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