Kaderschmieden für die Elite: US-Universitäten weltweit gefragt

19.08.2008 - USA

(dpa) Kein Land der Welt hat so viele Nobelpreisträger hervorgebracht wie die USA. Kein anderes ist so begehrt bei dem akademischen Nachwuchs aus aller Welt. Knapp 600.000 Visa stellte Washington für das akademische Jahr 2006/2007 aus. Jedes vierte ging nach Indien, China und Südkorea. Die 100 besten Universitäten weltweit, vom britischen Bildungsnetzwerk QS (Quacquarelli Symonds) jährlich neu ermittelt, wurden 2007 wieder von Harvard angeführt. Amerikanische Hochschulen schafften es auf sechs der Top-Ten- Positionen. Heidelberg fiel auf der QS-Liste von 2007 Platz 60 zu, der Ludwig-Maximilians-Universität in München Platz 65, gefolgt von der TU München auf Platz 66. Ungeachtet der niedrigeren Ränge «betreibt man in Deutschland Weltklasseforschung», bekräftigt der deutsche Atomphysiker Wolfgang Ketterle (50), der 1990 nach der Ausbildung in Heidelberg, München und Garching als Postdoc «für zwei bis drei Jahre» in die USA gegangen war, wie er der Deutschen Presse- Agentur, dpa, berichtete. Er forscht noch heute am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge bei Boston. Für eine Entdeckung, die er mit zwei US-Kollegen am MIT machte, holte Ketterle den Nobelpreis 2001 nach Deutschland. Er findet, dass Amerika vom Glanz einiger weniger Eliteschulen profitiert. «Im Durchschnitt sind deutsche Universitäten aber besser», sagt er. Günter Blobel, Biochemiker und Nobelpreisträger von 1999, sieht den Vorteil der US-Kaderschmieden vor allem in deren flexibleren Verwaltungsstrukturen. «Man versucht in Deutschland jetzt auch, den Universitäten mehr Entscheidungsfreiheit einzuräumen. Das ist der richtige Weg», lobt er. Blobel hatte 1967 in den USA promoviert. «Nach einer gewissen Zeit war es aus persönlichen Gründen nicht mehr möglich, nach Deutschland zurückzukehren», sagte er der dpa. Er wurde amerikanischer Staatsbürger und forscht, inzwischen 72-jährig, weiter an der Rockefeller Universität in New York. «Hier habe ich die Freiheit solange zu arbeiten, wie ich will und nicht wie eine Vorschrift es diktiert.» Für die USA, die Hochburg des Kapitalismus, bedeuten ausländische Studenten und Jungforscher nicht zuletzt Big Business. Sie trugen nach Angaben des Institute of International Education (Washington) im Studienjahr 2006/7 knapp 14,5 Milliarden Dollar (9,8 Milliarden Euro) netto zur US-Wirtschaft bei. «Internationale Ausbildung ist der fünftgrößte Service-Export, noch vor medizinischen Diensten», sagte der Präsident des Institutes, Allan E. Goodman, der «New York Times». Die Hälfte der Einnahmen fließt in die Universitätskassen, die bis zu 40.000 Dollar im Jahr an Studiengebühren schlucken, der Rest in den Lebensunterhalt. Mit diesem Profit vor Augen beschäftigen US-Hochschulen heute Werbestrategen, die ihnen Markennamen verpassen und für Nachfrage sorgen, wie das Magazin «Business Week» kürzlich berichtete. Zugute kommt den USA die Weltsprache Englisch und das vielseitige Angebot an Studienfächern. «Was immer man sich vorstellen kann, wird irgendwo in Amerika unterrichtet», verheißt der «US Study Guide» 2007. Wer die Aufnahme in eine der besseren Universitäten schafft, wird reich belohnt. Ihre Absolventen beziehen Anfangsgehälter, die unabhängig vom Fach ein Drittel über denen von Absolventen weniger namhafter Hochschulen liegen, schrieb das «Wall Street Journal». Außer in klingender Münze zahlt sich das Studium in den USA für manche mit politischer Macht oder diplomatischem Einfluss aus. Zwei frühere UN-Generalsekretäre, Kofi Annan (Ghana) und Boutros Boutros- Ghali (Ägypten), ließen sich in Amerika schulen. Der ehemalige NATO- Generalsekretär und derzeitige EU-Außenpolitiker, Javier Solana (Spanien), sowie vergangene Staats- und Regierungschefs wie Vicente Fox (Mexiko), Süleyman Demirel (Türkei) und Ehud Barak, inzwischen Israels Verteidigungsminister, waren ebenfalls in Amerika auf die Uni gegangen.

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