Industrieinstitut IW: Rohstofflücke wird «Sprengsatz für Wohlstand»

27.08.2008 - Deutschland

(dpa) Nach dramatischen Preiserhöhungen bei Erdöl, Erdgas und wichtigen Metall-Rohstoffen warnt das industrienahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) vor handfesten Versorgungslücken. Vor allem bei wichtigen Import-Rohstoffen wie Chrom, Platin und Palladium bedrohe eine «besonders kritische Versorgungslage» ganze Branchen wie Autoindustrie, Chemie und Edelstahl-Erzeuger, stellte das IW bei Vorstellung einer Studie in Berlin fest. «Das ist der Sprengsatz für unseren Wohlstand», sagte Institutsdirektor Michael Hüther. Um Fusionen und Marktmacht in Lieferländern wie Südafrika und Russland zu begegnen, sollten die EU und die Bundesregierung für mehr Freihandel und Investitionssicherheit kämpfen.

Bei Erdöl und Erdgas gelte die Versorgungslage wegen des vielfältigen Angebots auf den Weltmärkten derzeit als unkritisch, auch wenn der Ölpreis je Barrel (159 Liter) weiterhin über 110 Dollar liege. In Singapur erreichte er am Montag zeitweise bei 115 Dollar für die US-Refenzsorte West Texas Intermediate (WTI). Auf diesem Niveau etwa erwartet der IW-Chef die Ölpreis-Notierungen auch in den nächsten Monaten. Bei Öl und Gas gebe es außerdem Ersatzrohstoffe, was bei etlichen seltenen Metallen wie für die Herstellung von Flugzeugturbinen, Schmuck, Brennstoffzellen nicht der Fall sei.

Der Preistrend beim Öl geht laut IW langfristig nach oben. Umso dringlicher sei ein ausreichender Energiemix, der neben Öl, Kohle, Gas und Öko-Energien auch die Atomenergie umfasse. Bei den Preisen gebe es «keinen Grund zur Entwarnung». «Die hohen Preise bleiben ein Risiko für die deutsche Industrie», so der IW-Chef. «Die Zeit des billigen Öls ist vorbei, aber nicht das Ölzeitalter.»

Vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen dem Gas- und Öllieferanten Russland und Georgien zeigte sich Hüther kaum besorgt. Moskau habe seine Lieferverpflichtungen nach Deutschland auch in Zeiten des Kalten Krieges erfüllt. Jedoch dürfe man «nicht naiv» sein und müsse immer die Gefahr sehen, dass Exporte «an außenpolitisches Wohlverhalten geknüpft» werde. Zu solchen Energie-Themen wie Importe und Versorgungssicherheit will Anfang September auch eine Bundestags- Gruppe nach Russland aufbrechen und die heimliche Gazprom-Hauptstadt Nowy Urengoy sowie Jekaterinburg im «Ruhrgebiet Russlands» besuchen. Deutschland bezieht rund 40 Prozent seiner Erdgas- und etwa 35 Prozent seiner Rohölimporte aus Russland. Das Land ist damit der wichtigste Energielieferant Deutschlands.

Insgesamt importiere Deutschland jedes Jahr gut 140 Millionen Tonnen Rohöl und Mineralölprodukte. Rund 70 Prozent der nationalen Rohstoff-Importrechnung muss für Energie ausgegeben werden, 29 Prozent für Metallrohstoffe. Machten die eingeführten Energie- Rohstoffe Anfang der 1990er Jahre 58 Prozent des Primärenergieverbrauchs aus, sind es heute 74 Prozent. Den stärksten mittelfristigen Preisanstieg gab es zuletzt bei den Energieimporten. Sie waren Anfang 2008 gut dreieinhalb mal so teuer wie im Jahr 2000. Ohne Energie kletterten die Rohstoffpreise «nur» um 170 Prozent.

«Problematisch sind bei vielen Metallrohstoffen vor allem die hohe Konzentration auf der Angebotsseite und das damit zusammenhängende Potenzial für Marktmacht», sagte Hüther. Die Unternehmen selbst könnten dem nur begrenzt begegnen: und zwar durch sparsameren Material- und Energieeinsatz, durch alternative Rohstoffe, langfristige Lieferverträge und Beteiligungen an ausländischen Bergwerken.

Intensiver genutzt werden sollten das Abfall-Recycling, das derzeit in Deutschland 5 Milliarden Euro an der Rohstoffrechnung einspare. Die Politik müsse in den Exportländern - wie aus dem arabischen Raum mit mehr als 50 Prozent der aktuellen Ölvorräte sowie Russland, Iran und Katar mit mehr als 55 Prozent des Erdgases und den Haupt-Kohleländern USA, China (Steinkohle) sowie Russland (Braunkohle) - den Abbau von Handelsbarrieren wie Exportsteuern durchsetzen.

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