Wasserstoffspaltung durch Frustration
Prof. Tamm und Dirk Holschumacher haben ein Verfahren erforscht, das Wasserstoff ohne Hilfe von Metallen aktivieren kann. Es öffnet die Türen dafür, dass in Zukunft viele chemische Produkte kostengünstiger und nachhaltiger hergestellt werden können. Das macht diese Entwicklung für die Chemische Industrie ebenso interessant wie für die Grundlagenforschung: Denn Wasserstoff ist an vielen industriellen Prozessen beteiligt, zum Beispiel bei der Herstellung von Feinchemikalien und pharmazeutischen Produkten oder bei der Härtung von Fetten wie Margarine.
Die Entwicklung des Teams um Prof. Tamm beruht auf der Wechselwirkung zwischen Säuren und Basen. Lewis-Säuren und Lewis-Basen üben aufeinander eine starke Anziehungskraft aus: Lewis-Basen geben dabei Elektronenpaare ab, die von Lewis-Säuren angelagert werden. Beide gehen sehr stabile Verbindungen miteinander ein. "Für manche Säure-Base-Kombinationen ist allerdings eine solche Bindung aufgrund ihrer Größe und Bauweise unmöglich - die Paare können dann nicht aneinander 'andocken'," erläutert Prof. Tamm. "Ein solches System nennt man 'frustriertes' Lewis-Paar. Ein Wasserstoffmolekül, das in diese spannungsgeladene Umgebung eingebracht wird, wird automatisch gespalten und damit aktiviert."
Bei ihren Versuchen haben die Forscher zudem nachgewiesen, dass die verwendeten Lewis-Säuren und -Basen nur etwa zwei Stunden lang in frustriertem Zustand bleiben - danach sind die Fehler in der Bauweise ausgeglichen und die Frustration wird aufgehoben. Wasserstoff, der dann in die Lösung eingebracht wird, bleibt unbeeinflusst.
Originalveröffentlichung: D. Holschumacher, T. Bannenberg, C. G. Hrib, P. G. Jones, M. Tamm; "Heterolytic H2 Activation by a Frustrated Carbene-Borane Lewis Pair"; Angew. Chem. 2008, 120, 7538-7542; Angew. Chem. Int. Ed. 2008, 47, 7428-7432.
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