Ruthenium in der Zange

Selektiv und bei milden Bedingungen: Primäre Amine aus Alkoholen und Ammoniak dank Ruthenium-Katalysator

14.10.2008 - Israel

Amine werden für die Herstellung von Pharmazeutika, Feinchemikalien, Agrochemikalien, Kunststoffen, Farbstoffen, Pigmenten und Additiven benötigt. Die größte Bedeutung haben Verbindungen mit endständigen Aminogruppen (–NH2), die so genannten primären Amine. Sie selektiv herzustellen ist allerdings noch immer eine Herausforderung. David Milstein und Chidambaram Gunanathan vom Weizmann Institute of Science haben einen neuen Katalysator entwickelt, der eine selektive Herstellung primärer Amine direkt aus Alkoholen und Ammoniak bei milden Bedingungen erlaubt. Wie sie berichten, handelt es sich dabei um einen Komplex, bei dem das zentrale Rutheniumion von einem Liganden wie von einer Zange umklammert wird.

Die Herstellung primärer Amine ist so schwierig, weil diese Produkte sehr reaktiv sind und weiterreagieren können, so dass sekundäre und tertiäre Amine als unerwünschte Nebenprodukte auftreten. Bisherige Präparationsverfahren benötigen zudem meist große Mengen an toxischen Reagenzien. Die meisten großtechnischen Verfahren basieren auf der Reaktion von Alkoholen mit Ammoniak und benötigen sehr hohe Temperaturen und Drücke. Dabei entsteht ein Gemisch von Aminen, Alkanen und Alkenen als Nebenprodukte. Eine selektive katalytische Synthese primärer Amine aus Alkoholen und Ammoniak unter milden Bedingungen, ohne Abfallprodukte, wäre ökologisch und ökonomisch wünschenswert.

Die israelischen Wissenschaftler haben nun einen Katalysator entwickelt, der diese Wünsche erfüllt: einen neuartigen, auch an Luft stabilen Ruthenium-Komplex. Mit zwei Phosphorhaltigen „Greifarmen“ umfasst ein organischer Ligand das Rutheniumion dabei von zwei Seiten und nimmt es regelrecht in die Zange. Eine dritte Bindestelle für das Metallion bildet ein Stickstoffatom des zentralen aromatischen Ringsystems des Liganden.

Mit diesem Zangenkomplexes gelingt die selektive Synthese primärer Amine aus Alkoholen und Ammoniak unter milden Bedingungen, größere Mengen toxischer Verbindungen sind nicht notwendig, und es fallen keine schädlichen Abfallprodukte an. Die Reaktionen laufen in Toluol ab. Erstaunlicherweise reagieren nicht mit Wasser mischbare Alkohole auch sehr gut ohne Lösungsmittel in Anwesenheit von Wasser („an Wasser“).

Die einfache, allgemein anwendbare Reaktion liefert primäre Amine in guten Ausbeuten und könnte daher nicht nur für Synthesen im Labormaßstab, sondern auch für den großtechnischen Maßstab eine interessante Alternative eröffnen. Auch bei der Synthese komplexer Natur- und Wirkstoffe könnten benötigte Aminofunktionen mithilfe dieses Reaktionsschrittes direkt über die entsprechenden Alkohole aufgebaut werden.

Originalveröffentlichung: David Milstein; "Selective Synthesis of Primary Amines Directly from Alcohols and Ammonia"; Angewandte Chemie 2008, 120, No. 45, 8789-8792

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