Bienen weisen Robotern den Weg
Was haben ein Bienenvolk und ein Roboter gemeinsam? Beide sind höchst komplexe Systeme. Und was kommt dabei heraus, wenn man diese Systeme miteinander kombiniert? Möglicherweise ein "Biosensornetz zum großflächigen Umweltmonitoring". So lautet der Name eines neuen Forschungsprojekts an der Universität Würzburg, an dem die Bienenforscher um Professor Jürgen Tautz und die Roboterspezialisten um Professor Klaus Schilling seit dem 1. März arbeiten. Ziel soll es unter anderem sein, mit Hilfe der Bienen und der Roboter große Flächen schnell und dauerhaft auf potenzielle Schadstoffe zu untersuchen. Aber auch andere Einsatzgebiete sind denkbar.
Bienen sammeln große Flächen ab
Der sprichwörtliche Bienenfleiß ist tatsächlich nicht nur ein Sprichwort: "Jedes Bienenvolk benötigt etliche Quadratkilometer Platz für sich, der im äußersten Extremfall eine Fläche von 20 mal 20 Kilometern ausmacht", sagt der Bienenexperte Jürgen Tautz. Und auf dieser Fläche besuchen die Tiere jede einzelne Blüte. Was aber noch wichtiger ist: "Dabei sammeln die Bienen alles auf, was in der Blüte hängen geblieben ist oder vieles, das die Pflanze aus dem Boden aufgenommen hat, und transportieren es zurück in ihren Stock", erklärt Tautz.
Wer also wissen möchte, ob ein bestimmter Landstrich mit Insekten- oder Pflanzenvernichtungsmitteln belastet ist, muss sich nur das Sammelgut der fleißigen Flieger genauer ansehen. Das ist der Punkt, an dem die Robotik ins Spiel kommt. "Unsere Aufgabe ist es, geeignete Sensoren im Bienenstock unterzubringen, die die gewünschten Informationen sammeln", erklärt Klaus Schilling, Leiter des Würzburger Informatik-Lehrstuhls für Robotik & Telematik. Die Techniker sind auch dafür verantwortlich, dass diese Daten möglichst schnell an eine Leitzentrale übermittelt und dort automatisch analysiert werden. Sogar eine Kartierung sei damit möglich, sagt Schilling.
Der Schwänzeltanz verrät dem Roboter den Weg
Eine Kartierung? Wie kann denn eine Maschine erkennen, woher eine bestimmte Probe stammt, die eine Biene in ihren Stock mitgebracht hat? "Bienen teilen ihren Artgenossen mit einem Schwänzeltanz mit, welchen Weg sie einschlagen müssen, um Nahrung zu finden. Wir sind in der Lage, diesen Tanz zu lesen", erklärt Jürgen Tautz. Und damit auch klar ist, welche Biene die verdächtige Probe aufgesammelt hat, tragen die Tiere winzige Chips auf dem Rücken, die sie für die Technik identifizierbar machen. Die Wegangaben, die Bienen in ihrem Tanz machen, sollen den Roboter auf den Weg schicken; der kann dann vor Ort genau nachmessen, welche Schadstoffe in welcher Konzentration vorliegen.
Ein Einsatz in Katastrophengebieten ist eine Möglichkeit, bei der die Bienen-Roboter-Kombination zum Einsatz kommen könnte. Die regelmäßige und permanente Überwachung großer Gebiete ist die andere Variante. So arbeiten heute schon Bienenvölker im Umfeld von Flughäfen im Dienste des Umweltmonitorings. Mit der Analyse des Honigs lassen sich zumindest grobe Aussagen darüber treffen, ob dort beispielsweise größere Mengen an Kerosin auf den Boden gelangen als in Gebieten fernab der Flugrouten.
Der Schadstoffeintrag lässt sich exakt erfassen
In Kombination mit der Robotik ließe sich diese Aussage deutlich verbessern: "Mit der entsprechenden Technik könnte es dann möglich sein, exakt festzustellen, wo und wann ein Flieger unerlaubterweise Kerosin abgelassen hat", sagt Schilling. Das ist möglich, weil die Bienen eben in so großer Zahl und quasi permanent im Einsatz sind - zumindest innerhalb ihrer üblichen "Betriebszeiten". Und was ist nachts und im Winter - wenn keine Bienen unterwegs sind? "Das ist die nächste spannende Frage, die wir lösen müssen", sagt Klaus Schilling.
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Mit 500.000 Euro unterstützt der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, betreut durch die Regierung von Unterfranken, das Projekt der beiden Wissenschaftler und ihrer Mitarbeiter; nochmal die gleiche Summe haben Tautz und Schilling dafür aus anderen Töpfen erhalten. Vier Jahre lang arbeiten die Forscher zusammen mit dem Forschungsinstitut Zentrum für Telematik, sowie den nordbayerischen mittelständischen Firmen eSTe Sigrid Thoma und Fröhlich Electronic zusammen, um hier das koordinierte Umweltmonitoring durch Bienen und Roboter Realität werden zu lassen.
Und wenn die Technik funktioniert, können die Feldversuche starten. Dabei muss es nicht zwangsläufig um ungewünschten Kerosinregen gehen. Auch die Belastung einer Region mit Feinstaub ließe sich beispielsweise sehr viel exakter erfassen als mit ein oder zwei Messstellen nahe viel befahrener Straßen.
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