Das Wasser in Flüssen und Teichen wird nicht nur durch Chemikalien verschmutzt, sondern auch durch sogenanntes Mikroplastik, unter fünf Millimeter großen Kunststoffteilchen. Sie stammen unter anderem aus Kosmetikprodukten, wo sie für Peelingeffekte eingesetzt werden, oder werden zum Beispiel auch aus Synthetiktextilien ausgewaschen. Bisher wurden Menge und Effekte von Mikroplastik vor allem im Meer untersucht. Professorin Christiane Zarfl vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen hat gemeinsam mit den Berliner Wissenschaftlern Saskia Rehse und Werner Kloas vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Experimenten geprüft, wie sich hohe Konzentrationen an genormten Plastikteilchen auf Wasserflöhe auswirken. Es zeigte sich, dass die typischen Süßwasserbewohner winzige Teilchen von einem Mikrometer – einem Tausendstel Millimeter – aufnahmen, was ihre Bewegungen deutlich verminderte und dadurch die Nahrungsaufnahme verhindern würde. Größere Teilchen hatten keinen messbaren Effekt. Die Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Chemosphere veröffentlicht. Die Forscher sehen dies als Beginn vieler weiterer notwendiger Untersuchungen zur Auswirkung von Mikroplastikverschmutzung im Süßwasser. Zum einen gehen sie davon aus, dass der Kunststoff mit verschiedenen Chemikalien Wechselwirkungen eingeht, zum anderen müssten die Tests auf ganze Ökosysteme ausgeweitet werden.
Bisher wurden vor allem Meere auf Mikroplastik untersucht; zu finden waren die Kunststoffteilchen praktisch überall: auf der Wasseroberfläche der Ozeane, in Flussmündungsgebieten, an Küsten und sogar in den Sedimenten der Tiefsee. Erst seit kurzem richten Forscher ihre Aufmerksamkeit nun auch auf Seen und Flüsse. „Messungen zufolge lassen sich in Europa, Süd- und Nordamerika, Afrika und Asien pro Quadratkilometer Wasseroberfläche bis zu mehreren Hunderttausend Mikroplastikteilchen finden“, sagt Christiane Zarfl. Besonders hoch seien die Werte bei hoher Besiedlungsdichte, intensiver Landnutzung und in der Nähe von Industriegebieten. In den Kläranlagen wird Mikroplastik bisher nicht herausgefiltert. „Je nach Art der Kunststoffe schwimmen die Teilchen im Wasser oder setzen sich als Sedimente am Boden ab“, erklärt die Wissenschaftlerin. Bisher gebe es wenig geeignete Analysemethoden, um die ganze Vielfalt zu erfassen. „Wir wollten mit unserer systematischen Untersuchung einen Grundstein legen, um Auswirkungen von Mikroplastik auf Süßwasserorganismen besser zu verstehen.“ In ihren Versuchen mit dem Großen Wasserfloh hatten die Forscher Plastikteilchen einheitlichen Materials, einheitlicher Größe und Form verwendet, um solide Ergebnisse zu den physikalischen Effekten zu erhalten. „Wir haben auch hohe Konzentrationen an Plastikteilchen getestet, um kritische Grenzen für Schäden bei den Wasserflöhen zu bestimmen. Dies ist erst einmal unabhängig davon, wie hoch die Belastung mit Mikroplastik in den Süßgewässern tatsächlich ist“, sagt Zarfl.
Kunststoffprodukte etwa aus Polyethylen oder Polystyren werden in der Regel für eine lange Haltbarkeit hergestellt und enthalten selbst häufig Farbstoffe und Lösungsmittel. Außerdem treffen die Mikroplastikteilchen in der Umwelt auf weitere Chemikalien. Ob und in welchem Umfang es zu Wechselwirkungen kommt, sei noch weitgehend unbekannt, sagt die Wissenschaftlerin. „Zu testen bleibt auch, ob und wie sich Mikroplastikteilchen in der Nahrungskette in Flüssen und Seen anreichern. Solche Untersuchungen sind bisher vor allem an Meerestieren gemacht worden, wo sich Kunststoffteilchen zum Beispiel auch in Robben und Walen fanden.“